Während Generationen war England aus kulinarischer Sicht ein verlässlicher Partner, der zu keinen Diskussionen Anlass bot. Keine Kontroverse darüber, ob nicht doch etwas an dieser Küche delikat ist, sondern höchstens ein Auftrumpfen mit einem noch schlimmeren kulinarischen Erlebnis. Böse Zungen behaupten, das Britische Empire hätte nur deshalb die halbe Welt kolonialisiert, damit es zu Hause endlich mal was gescheites zu essen gibt.
Doch seit ein narzisstischer Politclown das Sagen in der Küche von 10 Downing Street übernommen hat, ist nichts mehr wie früher. Plötzlich soll diese leicht versnobte britische Weltoffenheit einem kruden Nationalismus und einer Abneigung gegen «Fremdes» weichen? Hüben wie drüben des Ärmelkanals rechnet man bereits mit dem Schlimmsten. Wird es nach dem 31. Oktober 2019 in den Restaurants von London noch Bordeaux zu trinken geben? Kann man in den Pubs von Berlin noch englisches Ale, Stout oder Porter bekommen? Niemand weiss es: der wild gewordene Premierminister richtet ein politisches und wirtschaftliches Blutbad an, dessen Folgen nicht vorhersehbar sind. Sollte es doch nicht zum Brexit kommen, so hat der blonde Boris in Aussicht gestellt, sich tot in einen Graben legen zu wollen. Egal also welchen Ausgang es nimmt: es wird Blut fliessen. Grund genug, den Ruf der englischen Küche etwas aufzumöbeln und uns mit Hingabe dem delikaten Black Pudding zu widmen.
Die Schotten essen den Black Pudding gerne zum Frühstück. Auch in grossen Teilen Englands wird er geschätzt. Black Pudding ist dennoch eine der am meisten polarisierenden Spezialitäten. Von den einen geliebt, von den anderen verabscheut – wahrscheinlich leider ohne ihn je probiert zu haben.
Dabei sind wurstähnliche Gerichte aus Blut quasi so alt wie die Menschheit selbst. Erste schriftliche Zeugnisse eines ähnlichen Gerichts findet sich im Jahr 800 vor Christus in der Odysee von Homer. Ob Blutwurstprodukte allerdings von den Römern als mediterrane Spezialität bei ihrer Eroberung Europas verbreitet wurden oder ob sie eher bei den Barbaren aus dem Norden auf dem Menü stand, ist unklar.
In Zeiten, in denen die Bevölkerung ärmer war, hatte man immer sehr darauf geachtet, sämtliche Teile eines geschlachteten Tieres zu verwenden, auch das Blut. Die Kapriolen der selbstverliebten Populisten, welche behaupten, sich für das Wohlergehen des kleinen Mannes einzusetzen, haben allerdings das Zeug dazu, dass es wieder soweit kommen könnte. Aber keine Sorge! Black Pudding enthält neben vielen Kalorien sehr viele Proteine, was das Sättigungsgefühl länger andauern lässt, sowie viel Zink und Eisen.
Und so wird es gemacht: Eine Tasse Gerste und eine Tasse Reis kochen. Währenddessen einen halben Laib altes Brot in kleine Würfel schneiden und mit drei Hand voll Haferflocken in eine Schüssel geben, mit 1,2 Litern Milch übergiessen, durchmischen und im Ofen erwärmen – aber nicht kochen. Je nach Geschmack kann die Menge des Brotes auch etwas reduziert und dafür mehr Haferflocken verwendet werden. Jetzt 1,2 Liter frisches Schweineblut in die Mischung einrühren. Die gekochte Gerste und Reis dazugeben und mit 400 Gramm Rindernierenfett einrühren. Das Fett – es wird auch Rindertalg genannt – gibt es in spezialisierten Geschäften, in grossen Drogerien oder online.
Die Masse mit Salz, Pfeffer und etwas getrockneter Minze würzen. Das Gericht soll herzhaft schmecken. Die Masse in einen Wurstdarm füllen, abbinden und während mindestens 90 Minuten in knapp siedendem Wasser kochen. Danach die Wurst erkalten lassen. Der Black Pudding ist jetzt schnittfest und wird, in fingerdicke Scheiben geschnitten, vor dem Genuss noch kurz angebraten.
Lassen Sie sich vom politischen Theater nicht den Appetit verderben. Denn bereits Otto von Bismarck wusste: «Nicht durch Reden oder Majoritätsbeschlüsse werden die grossen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Eisen und Blut.»
Einkaufstipp: Seit Dominic Lambelet in Irland war, gibt es die stadtbesten Ravioli von Paste Ines ab und zu auch mit Black Pudding. Viel kulinarisches Europa in einem Ravioli! www.paste-ines.ch
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